Schönstädter Bürger bauen das größte Nahwärmenetz Deutschlands!
Schönstadt – eine lebendige Dorfgemeinschaft am Rande des Burgwalds |
Heizwärme aus der Baumrinde des örtlichen Sägewerks wird zu Wärme und Strom |
Das ortsansässige Traditionsunternehmen Holz-Schmidt mit über 100 Beschäftigten hatte, um seine Trockenkammerkapazitäten erhöhen zu können, ein neues Biomasse-Heizkraftwerk gebaut. Hier wird die im Betrieb anfallende Baumrinde genutzt, um in Kraft-Wärme-Kopplung 1 MW Strom und 5 MW Wärme zu erzeugen. Da es noch freie Wärmekapazitäten gab, ging die Suchthilfeeinrichtung „Die Fleckenbühler" in einem ersten Schritt voran und schloss das Hofgut mit etwa 130 Bewohnern über eine Nahwärmeleitung an (2010).
Es stellte sich heraus, dass die Wärmekapazität des Kraftwerkes noch lange nicht erschöpft war. Die Vision einer Wärmeversorgung des ganzen Dorfes aus erneuerbaren Energien hat dann viele Schönstädter mobilisiert. Eine Projektgruppe von 10-20 Mitgliedern bildete sich, die sich seit Anfang 2010 wöchentlich trifft. Eine Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros Berghamer und Penzkofer überzeugte die Gruppe, da deutlich wurde, dass ein Nahwärmenetz ökologisch und ökonomisch sinnvoll zu betreiben ist.
Bürger gründen Genossenschaft
Die Schönstädter Bürger wurden in einer Fragebogenaktion um ihre Meinung gebeten. Der zustimmende Rücklauf war mit 98 % überwältigend. Die Gesellschaftsform lag auf der Hand: Eine Genossenschaft sollte es sein. Zur Gründungsveranstaltung war das Bürgerhaus bis auf den letzten Platz besetzt und schon am Abend traten 150 Bürger als Gründungsmitglieder in die Genossenschaft ein. Heute sind es 283 Mitglieder, die etwa 290 Liegenschaften vertreten. Das ist ein Anteil von 80 %!
Ein einmaliger Beitrag von 5.000 € (zehn Genossenschaftsanteile je 500 €) ist der Eigenanteil der Nahwärme-Genossen. In ihm ist auch die Bereitstellung der Wärmeübergabestation in den Häusern enthalten. Der Hauptteil der Investitionskosten für das Netz wird über Kredit- und Fördergelder abgedeckt. Der Wärmepreis liegt bei 13,18 Cent/kWh. Im Vergleich zu Öl oder Gas hat die Holzwärme einen verlässlichen Preis, eine positive ökologische Bilanz und bedeutet eine erhebliche Wertschöpfung vor Ort.
Die Nahwärmeversorgung wird jährlich 600.000 Liter Heizöl und 150.000 kWh Nachtspeicherstrom ersetzen!
Die Gemeinde Cölbe hat das Projekt von Anfang unterstützt und sich bei der Kommunalaufsicht erfolgreich dafür eingesetzt, dass das Projekt trotz defizitärem Gemeindehaushalt mit einer Bürgschaft von 3 Mio. € abgesichert werden konnte!
Bauphase wurde pünktlich zur Heizsaison abgeschlossen
Die am häufigsten gebrauchten Verkehrszeichen während der Bauphase
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Schweißen unter schwierigsten Bedingungen und dennoch mussten nur 2 von 6000 Verbindungen nachgebessert werden - das ist handwerkliche Präzisionsarbeit! |
In der Bauphase haben die etwa 40 Tiefbauarbeiter im Schönstädter Untergrund so manche Überraschung erlebt. Doch immer wieder fanden sie eine Lösung. Die herzliche Aufnahme der Schönstädter hat dazu sicherlich auch beigetragen. Es gab Kaffee und Kuchen und auch zu Grillfeiern wurde eingeladen.
Nach nur 7 Monaten Bauzeit konnte das Leitungsnetz pünktlich zur Heizsaison am 29.09.2012 in Betrieb genommen werden.
Am 13.10.12 wurde das mit 13 km größte Nahwärmenetz Deutschlands mit einer großen Feier von den Schönstädtern Bürgern offiziell eingeweiht.
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Schönstädter informieren sich in der Energiezentrale über ihre Nahwärme. |
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Michael Penzkofer, vom ausführenden Ingenieurbüro Berghamer und Penzkofer, zeigt wie sich mit einer App, die er selbst programmiert hat, die Energiezentrale regeln lässt - Hightech im Hosentaschenformat! |
Inbetriebnahme und Einweihung
Die Inbetriebnahme des Leitungsnetzes erfolgte zum geplanten Zeitpunkt am 25.09.2012.
Die offizielle Einweihung war am 13.10.2012 mit 500 Schönstädterinnen und Schönstädtern, Vertretern der am Bau beteiligten Firmen sowie Mitgliedern der politischen Gremien.
Nahwärmeprojekt Schönstadt in Zahlen
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Schönstadt |
1.600 Einwohner, Ortsteil von Cölbe, Region Burgwald
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Nahwärmenetz |
290 Liegenschaften (3/4 aller Schönstädter Haushalte) mit einer Gesamtleitungslänge von 13 km
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Investitionssumme |
6 Mio € (5.000 € Eigenanteil der Nahwärme-Genossen, Wärmeübergabestation enthalten; Hauptteil der Kosten gedeckt über Förderung und Kredit)
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Wärmepreis |
13,18 Cent/kWh
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Wärmequelle |
Biomasse-Heizkraftwerk der Firma Holz-Schmidt; 1,1 MW Strom und 4,9 MW Wärme; Rohstoff: Baumrinde und Waldhackspan
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Inbetriebnahme |
25.09.2012
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